… und die Folgen sieht man nicht

Für uns Europäer scheint die Zeit in Indien stehen geblieben zu sein. Wenn man durch das Land fährt, drängt sich der Eindruck auf, dass Umweltschutz nicht zu existieren scheint. Fabrikschlote rauchen wie im Ruhrgebiet des 19. Jahrhunderts, überall verrottet Abfall, die Flüsse stinken wie Kloaken. Es gibt sicherlich Menschen, die es als spießig abtun, wenn man dreckige Straßen und den allgegenwärtigen Plastikmüll beklagt – nach dem Motto, es muss ja nicht überall so sein wie in Europa.

Wie im Großen so im Kleinen. Auch der Slum Autonagar ist schmutzig, staubig und ein offener Abwasserkanal ist ein idealer Platz für Moskitos und anderes Ungeziefer. Aber, was uns am meisten entsetzt hatte, waren die kaputten LKW- und Autobatterien und die alten Ölfässer, die als Sammelbehälter für Trinkwasser benutzt wurden.

Die Slumbewohner haben das Recycling als Einnahmequelle entdeckt. Sie sind kreativ, furchtlos und versuchen aus allen denkbaren Abfallarten Geld zu machen. Dabei sind Aspekte des Arbeitsschutzes und der Hygiene nicht interessant. Die Zwischenhändler in diesem Geschäftsuniversum sind auch nicht daran interessiert, den Leuten Mindeststandards vorzuschreiben, was den Arbeitsschutz angeht. Niemand denkt an die ökologischen Folgen seiner Tätigkeit. Wenn zum Beispiel Ravi Mudhamgala, die Protagonistin unserer Dokumentation Slumgott, mit ihrem Magneten metallische Reste aus den staubigen Sanden herausziehen will, dann kann sie gar nicht erkennen, ob giftige Schwermetalle wie Cadmium oder Blei dabei sind.

Andere Zwischenhändler liefern Krankenhausmüll an, der nach unterschiedlichen Müllarten sortiert werden soll. Spritzen und Klistierbestecke liegen neben Plastiktüten und anderen Verpackungsmaterialien. Auch hier werden mit bloßen Händen die Arbeiten gemacht und manchmal sitzen die kleinen Kinder dabei und spielen mit dem Abfall.

Uli Schwarz und Petra Dilthey