Talasos Tochter

Fangen wir mit einer Frage an: Wer ist die Tochter von Talaso? Das geschmückte Mädchen links in Samburu-Tracht oder das „Aschenputtel“ in der Mitte?

610_Talaso, Ntilita und Theresia

Die Auflösung: Das Mädchen mit den Plastikblumen als Kopfschmuck ist nicht Talasos Tochter.

 

Als Zweitfrau muss Talaso sich um die Verwandtschaft kümmern, wie sie uns hier erzählt:

„Als verheiratete Frau ist es meine Pflicht, das zu tun,
was mein Mann von mir verlangt,
deshalb sorge ich auch für seine alte blinde Schwester. 
Deren Sohn hat das Mädchen hier (mit Kopfschmuck) geheiratet.
Mit ihren 13 Jahren ist sie so alt wie meine Tochter, aber schon verheiratet.
Sie ist bei mir, um alle nötigen Hausarbeiten zu erlenen“.

 

Ein Bild katapultiert uns in die komplizierten sozialen Beziehungen einer Nomadenkultur. Jetzt gibt es mindestens eine weitere Frage: Was ist an Plastikblumen traditionell? Talaso meint dazu:

„In ihrem Alter möchten Mädchen wunderschön aussehen,
deswegen die Blume.
Den Unterschied zwischen ihrem und meinem Schmuck
kannst Du u.a. auch an den Farben erkennen“.

 

Aber warum sieht die eigene Tochter so gar nicht wie ein Samburumädchen aus? Talaso erklärt:

„In der Schule ist es nicht erlaubt, unseren Schmuck zu tragen
und ich möchte nicht, dass meine Tochter der Tradition folgt.
Die, die nicht zur Schule gehen, fangen mit 4 oder 5 Jahren mit kleinen Ketten an,
die nach und nach immer größer und schwerer werden.“ (s. Photo)
 
320_Mädchen

 

Und dann sagt sie uns noch:

„Wir wollen, dass unsere Kinder zur Schule gehen, aber nach der Grundschule wird es schwierig,
die Kinder auf eine weiterführende Schule zu schicken.
Wenn man sich das nicht leisten kann und eine Tochter hat, dann lässt uns die Armut sagen:
„Du wirst bald verheiratet werden.“
Wegen der Armut scheitern wir“.

 

Zurück zum Bild von ganz oben: Was „schön“ bzw. traditionell aussieht, muss nicht immer gut sein.

 

Uli Schwarz und Petra Dilthey