Social Entrepreneur

Für uns war der Begriff Social Entrepreneur bisher etwa so attraktiv wie Paris Hilton: Eine typische, amerikanische Leerstelle, eine ultimative Stilisierung. Attitüde statt Inhalt, Fassade statt Realität. Sie merken, wir waren von der Idee eines kapitalistischen Wohltäters wenig begeistert.

Und wie immer, wenn man es sich in seinem Weltbild – aus Denkfaulheit und Verliebtheit in die eigenen Vorurteile – schön bequem gemacht hat, stößt einen die Realität auf völlig neue Dinge. Wir machen Erfahrungen, die uns dazu bringen, alte Vorurteile und Glaubenssätze in Frage zu stellen.

Die brasilianische Realität für Kinder aus den Favelas ist, dass ihre Eltern keine Krankenversicherung haben, z. T. für den Staat gar nicht existieren, weil sie keine Papiere besitzen. Wenn solche Kinder krank werden, passiert folgendes: Chronische Krankheiten entwickeln sich und die Kleinen müssen immer wieder ins öffentliche Krankenhaus eingeliefert werden. Ein solcher „Drehtüreffekt“ kann nicht allein medizinisch gelöst werden. Die Ärztin und soziale Unternehmerin Vera Cordeiro erkannte das immense soziale Problem. Ihre Lösung: Spendengelder finanzieren den sog. „Family Action Plan“. Wird das soziale Umfeld des Kindes verbessert, kann es auch gesund werden. Das ist das Credo des Unternehmens Associacao Saude crianca. So eine Organisation von über 100 Freiwilligen und fast 40 hauptberuflichen Mitarbeitern ist in der brasilianischen Gesellschaft nur zu führen, wenn man die Mechanismen der Marktwirtschaft auch beherrscht. Hier ein kurzer Filmbeitrag zum Projekt:

Im Projekt hofft und wartet niemand auf den Staat, auf die „Wohltaten“ der Gesellschaft, hier wird konkret geholfen, Perspektiven für die Eltern entwickelt und das alles in einem Prozess, der die Hilfsbedürftigen nicht zu Bettlern degradiert. Dieses Modell wird mittlerweile in über 20 Krankenhäusern in Brasilien erfolgreich angewendet und der Export in andere Länder steht an.

Uli Schwarz und Petra Dilthey