Nach einer Schätzung der Weltsiedlungskonferenz der Vereinten Nationen (UNHABITAT) leben im Jahr 2010 weltweit 827,6 Millionen Menschen in Slums, das sind gut 50 Millionen mehr als im Jahr 2000 und entspricht rund 12 Prozent der Weltbevölkerung. UNHABITAT definiert einen Slum als eine Siedlung, in der die Mehrheit der Bewohner in sozialer und wirtschaftlicher Isolation lebt, in der die Besitzverhältnisse von Land oder der Behausung ungeklärt sind und in der die sanitären Bedingungen und die generellen Umweltbedingungen schlecht sind. Auf Slumbewohner treffen eine oder mehrere der folgenden Bedingungen zu: ihr Wohn- oder Bleiberecht ist ungeklärt, sie haben keinen dauernden Zugang zu Trinkwasser und ungenügenden Zugang zu sanitären Anlagen und anderer Wohninfrastruktur (Elektrizität, Heizung, Entsorgung etc.). Außerdem leben Slumbewohner in überfüllten Behausungen von schlechter und gefährlicher Bauqualität.
Diese Entwicklung hat auch mit einem generellen Trend der Urbanisierung zu tun. Gerade in den ärmeren Ländern der Welt, ziehen immer mehr Menschen in die Städte, vor allem weil sie in den ländlichen Gebieten nicht genug Geld verdienen können, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Deshalb lebt heute mit 3,5 Milliarden Menschen etwa die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. In der ärmsten Region der Welt, Afrikas Subsahara, bekommen die Städte in jedem Jahr 14 Millionen neue Bewohner – von diesen 14 Millionen leben 70 Prozent oder knapp 10 Millionen in Slums.
Allerdings sind alle diese Zahlen mit Vorsicht zu bewerten, wie das Beispiel Indiens zeigt: Die indische Regierung gibt die Zahl der Slumbewohner mit 62 Millionen an. UNHABITAT ging noch 2006 von 170 Millionen aus. Der Anteil der Stadtbewohner, die in Indien in Slums leben, ist laut aktuellsten Zahlen von UNHABITAT in den vergangenen 20 Jahren von 41,5 Prozent auf 28,1 Prozent gesunken – 59,7 Millionen in absoluten Zahlen. Es bleibt festzuhalten, dass auch die UNHABITAT-Zahlen in der Langzeitbetrachtung nicht konsistent sind – wieviele Menschen in Slums leben, kann also niemand genau sagen.
Steffen Wagner